#NobodysDoll – „Die Gleichberechtigung ist auf dem roten Teppich noch nicht angekommen.“

Jüngst erfuhr ich über das Blog „Alles Evolution“ von einem weiteren hysterischen Aufschrei aus dem feministischen Universum. Was ist passiert? Natürlich sind Frauen mal wieder benachteiligt. Der neueste Schrei: Filmschauspielerinnen werden auf dem roten Teppich in unbequeme Kleidung gezwungen und ständig von einem patriarchalen Blick belästigt. Aber lesen Sie selbst:

Im Zuge der #Metoo-Debatte wurden vermehrt die Rufe nach Gleichberechtigung laut. Ein Aspekt der Gleichberechtigung wird jedoch meines Erachtens seit Jahren stiefmütterlich behandelt. Der Druck, der auf Frauen lastet, noch immer viel zu dünn, makellos und alterslos zu sein.
Wir Schauspielerinnen empfinden uns zwar als moderne, feministisch gesonnene Frauen, sobald es aber auf den roten Teppich geht, scheinen wir das vergessen zu müssen. Die Gleichberechtigung ist auf dem roten Teppich noch nicht angekommen.

Erst mal finde ich es ungeheuerlich, daß die Schauspielerin Anna Brüggemann hier in diesem Statement nur von „stiefmütterlicher Behandlung“ und nicht auch von „stiefväterlicher“ spricht und damit uns Männer sprachlich ausschließt. Eine inklusive, wirklich auf Gleichberechtigung zielende Sprache würde auch die „Stiefväter“ miteinbeziehen.

Interessant ist auch, mit welcher Selbstverständlichkeit und Chuzpe Anna Brüggemann hier sämtliche Schauspielerinnen feministisch vereinnahmt- ganz so, als sei Feminismus eine Art Bios, mit dem diese Frauen automatisch herumlaufen.

Anna Brüggemann ist eine unbekannte Schauspielerin, die drei ihrer bisherigen Hauptrollen ihrem Bruder, dem Regisseur Dietrich Brüggemann, zu verdanken und die Initiative „Nobody’s doll“ gestartet hat. Auf der Homepage heißt es:

Die Frauen zwängen sich in enge Röcke, zeigen Dekolleté, balancieren auf sehr hohen, sehr dünnen Absätzen, und die Männer versuchen, möglichst markant und nonchalant ihre Bodies zu präsentieren.

Dabei haben es die Männer noch immer signifikant leichter. Wer einmal den Unterschied zwischen einem Abend im schützenden Sakko und Sneakern oder leichtem Kleidchen und High Heels am eigenen Leib erlebt hat, weiß, wovon ich spreche.

Unfaßbar! Dagegen ist ja eine Vergewaltigung durch Harvey Weinstein wie ein Zuckerschlecken.

Wir Frauen tun nach wie vor Dinge, die unbequem für uns sind, unpraktisch, Dinge, von denen wir glauben, dass wir sie machen müssen, um dem unsichtbaren Dritten zu gefallen. Dieser unsichtbare Dritte ist nach wie vor ein Mann.

Wir überlassen noch immer die Definitionsmacht, was als attraktiv gilt, dem patriarchalisch geprägten Blick, der inzwischen natürlich geschlechterübergreifend vorhanden ist.

Also, dann entschuldige ich mich hiermit ganz einfach mal für meinen patriarchalisch geprägten Blick. Ist das okay?

Oder ist das „positiver Sexismus“? Mache ich damit Frauen nicht wieder abhängig von meiner Entschuldigung und infantilisiere sie?

Auf jeden Fall begrüße ich diese famose Selbstempowerung von Anna Brüggemann und freue mich, wenn die Gleichberechtigung auf dem roten Teppich ankommt.

 

PS: Ich wußte gar nicht, daß Frauen mit solchen Komplexen herumlaufen und sich erst durch so einen Hashtag Mut antrinken müssen.

Mir wurde immer beigebracht, daß Frauen seit den Siebzigern voll emanzipiert sind und daß wir Männer defizitäre Wesen mit ausgeprägter Angst vor „Gleichberechtigung“ sind, die nun von den Frauen überholt werden.

Aber Frau Brüggemann sollte mal ernsthaft darüber nachdenken, ob es nicht die Frauen selbst sind, die sich diesen Streß machen oder sich sogar richtig wohl in dieser Abendkluft fühlen, statt mal wieder den Joker des ominösen, omnipräsenten Patriarchats zu bemühen.

Solch eine Initiative ist ehrlich gesagt gar nicht so übel – aber warum muß man wirklich jeden Scheiß in einen „feministischen“ Begründungszusammenhang rücken?